Die Bürgerpflicht Luftschutzhelfer:Die unsichtbare Front im Chaos des Bombenkriegs?️
In Zeiten des Zweiten Weltkriegs wurde die Heimatfront zur unmittelbaren Kampfzone. Während an den Fronten Soldaten kämpften, erwartete man von der Zivilbevölkerung in den Städten eine aktive und oft lebensgefährliche Beteiligung in Form der Bürgerpflicht: den Dienst als Luftschutzhelfer.
Verpflichteter Personenkreis: Praktisch jeder Bürger, der nicht bei der Wehrmacht diente oder zu alt/jung war, wurde zur Luftschutzdienstpflicht herangezogen. Dies betraf alle männlichen Einwohner zwischen 17 und 65 Jahren. Im späteren Kriegsverlauf, als immer mehr Männer an die Front mussten, übernahmen Frauen und Jugendliche die Lösch- und Hilfsdienste am Heimatort.
Diese Männer und Frauen waren keine uniformierten Soldaten, sondern die Stützen der Gesellschaft, die in den dunkelsten Stunden der Luftangriffe für ein minimales Überleben und die Wiederherstellung der Ordnung sorgten. Ihr Einsatz war eine Mischung aus logistischer Organisation, Brandschutzdienst und Soforthilfe, alles unter dem gnadenlosen Druck feindlicher Angriffe.
1. Die Pflichten des „Selbstschutzes“
Der Feuerzwang manifestierte sich vor allem im Selbstschutz der Bevölkerung. Das Prinzip war: Jeder Haushalt und jeder Betrieb ist für die unmittelbare Brandbekämpfung in seinen eigenen vier Wänden und der unmittelbaren Nachbarschaft zuständig.
Ausrüstungspflicht
Die Haushalte mussten sich selbst für den Ernstfall ausrüsten, meist mit einfachsten Mitteln:
• Löschmittel: Bereitstellung von Löschsand (oft in Eimern oder Sandsäcken auf Dachböden gelagert), Handspritzen und Eimern.
• Werkzeuge: Notwendig waren Feuerpatschen (zum Erschlagen kleinerer Flammen) und Brandbombenzangen (zum Greifen und Entfernen brennender Stabbrandbomben).
2. Organisation der Schutzräume:
*Disziplin in der Panik
Eine weitere und unmittelbare Aufgabe der Luftschutzhelfer begann, sobald der Voralarm erklang. Angesichts panischer Massen, die Schutz suchten, war ihre Hauptaufgabe, den geordneten Zugang zu den Luftschutzräumen (Bunker, erweiterte Keller) zu gewährleisten.
* Lenkung des Menschenstroms: Sie mussten verhindern, dass Türen blockiert wurden oder es zu Stürzen und Verletzungen kam. Ihre Autorität war essenziell, um Disziplin und Ruhe aufrechtzuerhalten, wo Todesangst herrschte.
Bestandskontrolle: Um nach einem Treffer schnell feststellen zu können, wer vermisst wurde, mussten die Helfer Zählungen der Eingeschlossenen durchführen. Dieses oft unterschätzte Protokoll war lebenswichtig für die spätere Bergung.
Schutzraumordnung: Innerhalb der oft überfüllten Räume sorgten sie für die Einhaltung der Vorschriften – von der Verdunkelung bis hin zur Überprüfung der Belüftung der Räume.
Löschen im Ernstfall
Beim Alarm galt die Pflicht, sich nicht nur in den Luftschutzkeller zu begeben, sondern auch sofort zu prüfen, ob das eigene Haus oder Nachbargebäude von einer Stabbrandbombe getroffen wurde.
Unmittelbares Handeln: Helfer, die im sogenannten „Haus-Luftschutzdienst“ eingeteilt waren, mussten sofort auf den Dachboden oder in die oberen Etagen eilen, um die nur etwa 50 cm langen Brandstäbe zu lokalisieren.
Bekämpfung: Das Vorgehen bei den Magnesium-haltigen Stabbrandbomben war nicht das Löschen im herkömmlichen Sinne. Da Wasser gefährliche Reaktionen hervorrufen konnte, musste die brennende Bombe in erster Linie mit Sand abgedeckt und so vom umgebenden Material isoliert werden, bis sie ausgebrannt war, oder mit der Zange ins Freie gebracht werden.
Im übrigen wurde Sand nicht nur in Säcken oder in Eimern auf den Dachböden gelagert. Manchmal wurde auch eine Sandschicht auf den Holzböden aufgebracht um den Schutz vor den Stabbrandbomben zu erhöhen.
3. Nach dem Alarm: Soforthilfe und Wiederherstellung der Ordnung
Sobald die Sirenen Entwarnung gaben, begann die zweite, kräftezehrende Phase der Arbeit. Die oberste Priorität war die schnellstmögliche Wiederherstellung der Ordnung und die Rettung von Leben.
* Räumung von Zugängen und Trümmern: Unmittelbar nach dem Angriff mussten die Helfer die Straßen und Wege von Trümmern und Schutt befreien. Dies war nicht nur für die Zirkulation von Rettungskräften (Feuerwehr, Sanitäter) essenziell, sondern auch, um Zugänge zu verschütteten Kellern freizulegen und Überlebende zu bergen.
* Erstversorgung und Bergung: In enger Zusammenarbeit mit Sanitätsdiensten unterstützten sie die Erstversorgung Verletzter und die schwierige, oft stundenlange Bergung Verschütteter aus den Ruinen.
* Meldewesen und Dokumentation: Als erste Kräfte vor Ort übernahmen Luftschutzhelfer eine zentrale Meldefunktion. Von ihnen wurden detaillierte Meldungen über Schäden, Zustände und Opferzahlen an die örtlichen Einsatzleitungen abverlangt. Diese Berichte waren die Grundlage für die behördliche Schadensaufnahme und weiterer Organisationen.
Fazit:
„Die Bürgerpflicht Luftschutzhelfer“ war weit mehr als nur ein Dienst: Es war ein fortwährender Akt des Mutes und der Selbstlosigkeit. Die Helfer agierten als Brandschutz / Ordnungskraft, Rettungssanitäter und Logistiker in einer Person, schufen Stützpunkte der Zivilisation inmitten der Zerstörung und hielten damit die städtische Infrastruktur im Angesicht des Krieges am Leben. Ihr Einsatz ist ein tiefgreifendes Beispiel dafür, wie eine Gesellschaft auf die extremen Anforderungen eines Krieges reagierte.
